Am 10.04.2021, fand in Wien eine Kundgebung von Corona-Verschwörungsideolog:innen und Rechtsextremen statt. Erneut diente der Schweizergarten in Wien Landstraße als Versammlungsort. Bis zu 1.000 Personen sammelten sich ab 13:00 Uhr im Park zwischen dem Schloss Belvedere und dem Arsenal. Die Demonstration wurde zu Anfang als Picknick getarnt. Entsprechend früh wurde Alkohol konsumiert.
Etwa eine Stunde nach Versammlungsbeginn setzte sich die Demonstration in Bewegung. Mehrmals wurde versucht, Polizeisperren gewaltsam zu durchbrechen und in Richtung Innenstadt zu marschieren. Dabei wurden in der Hohlweggasse Polizeigitter niedergerissen, Flaschen, Feuerwerkskörper und Steine wurden auf die Einsatzkräfte geworfen. Die Durchbruchsversuche konnten nur sehr knapp und unter Einsatz großer Mengen an Pfefferspray verhindert werden. Eine ganze Reihe Polizeigitter wurde in die Demonstration gezogen. Laut Medienberichten wurden dafür vorbereitete Karabinerhaken und Seile verwendet.
Angriffe auf Polizeisperren waren zuvor bereits angekündigt worden, eine Gruppe organisierte sich eigens zu diesem Zweck. Während sie bei der vergangenen Demonstration eigene Kennzeichnung trugen, verzichtete zumindest ein Teil der Gruppe bei der aktuellen Kundgebung darauf. Zum Schutz vor Pfefferspray wurden auf der Kundgebung außerdem vorab sowie während den Angriffen auf die Polizei Plastikvisiere verteilt und Schutz- bzw. Tauchbrillen getragen.
Nach den Auseinandersetzungen mit der Polizei konnten die Teilnehmer:innen noch über Stunden weiter an der Versammlung teilnehmen . Erst gegen 17:00 Uhr sprach die Polizei schließlich die Auflösung der Kundgebung aus und forderte die Teilnehmer:innen auf, auseinanderzugehen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Großteil der Demonstrant:innen den Ort bereits verlassen, nur noch weniger hundert Personen waren noch vor Ort.
Von Fußballfans bis Neonazis – Zur rechtsextremen Beteiligung an den Protesten
An der Demonstration nahmen erneut diverse organisierte Rechtsextreme teil. Die „identitäre“ Tarnorganisation „Die Österreicher“ war mit einem Banner vertreten. Etwa 20 „Identitäre“ nahmen an der Veranstaltung teil. Mehrmals mischten sich „Identitäre“ unter die rechtsextremen Fußballfans.
Mehrere Funktionäre der FPÖ-Vorfeldorganisatioin „Ring Freiheitlicher Jugend“ verteilten im Schweizergarten Flugblätter und beteiligten sich an den Protesten. Unter ihnen auch zwei Stammgäste von Veranstaltungen der rechtsextremen „Identitären“.
Am Rande des Schweizergartens hielt sich über mehrere Stunden der Neonazi Gottfried Küssel auf. Er befand sich in Gesellschaft mehrerer Personen aus dem Umfeld der Gruppe „Corona-Querfront“.
Außerdem waren erneut mehrere Gruppen aus verschiedenen Fußball-Fanszenen zugegen, beispielsweise von mehreren FCs der Austria Wien, sowie vereinzelt von Rapid Wien und Blau-Weiß Linz. Diese Personen waren maßgeblich an den Auseinandersetzungen mit der Polizei beteiligt. Als am späten Nachmittag die letzten Demonstrant:innen im Schweizergarten von der Polizei „gekesselt“ wurden, konnten sich diese Gruppen unbehelligt entfernen.
Erneut kam es auch wieder zu zahlreichen Bedrohungen und Angriffen auf Journalist:innen. Ausrüstung wurde beschädigt und teils mit Gewalt entwendet. Die Polizei schritt selbst bei Zwischenfällen in ihrer unmittelbaren Nähe nur zögerlich ein und führte in diesem Zusammenhang keinerlei Identitätsfeststellungen durch. Bereits zu Beginn wiesen die Medienkontaktbeamten der LPD-Wien einzelne Journalist:innen ausdrücklich darauf hin, dass sie sich selbst um ihren Schutz kümmern müssten. Wenn aber etwas passieren sollte, stünden die Kontaktbeamten dann zur Verfügung.
Antifaschistische Proteste gegen den Aufmarsch
Ab 12:00 Uhr sammelten sich etwa 400 Personen auf Fahrrädern im Votivpark. Mehrere antifaschistische Gruppen hatten zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Die Fahrraddemonstration fuhr im Verlauf des Nachmittags in die unmittelbare Nähe der Corona-Demonstration beim Schweizergarten. Bereits beim Heeresgeschichtlichen Museum wurden mehrere Teilnehmer:innen von der Polizei festgenommen.
Gegen Abend wurden ca. 150 Teilnehmer:innen der Fahrraddemonstration in der Bellariastraße eingekesselt. Die Personen wurden anschließend einzeln aus dem Kessel gebracht, durchsucht, Ganzkörperfotos wurden angefertigt und Identitätsfeststellungen durchgeführt. Ein:e Antifaschist:in befand sich zwei Tage lang, bis zum Montag, den 12.04.2021, in Haft. Seit Samstag Abend wurde daher eine Solidaritätskundgebung abgehalten, die deren Freilassung gefordert hat. Zuerst fand die Kundgebung beim Polizeianhaltezentrum Roßauer Lände statt, nach der Verlegung der Person dann vor der Justizanstalt Wien Josefstadt. Mit der Freilassung der Gefangenen wurde die Kundgebung Montag Mittag beendet.