Wien: Demonstration der „Identitären“ (29.07.2023)

Am 29.07.2023 fand in der Wiener Innenstadt eine Demonstration der neofaschistischen “Identitären” statt. Der Demonstration ging eine monatelange internationale Mobilisierung voraus. Die Zahl der Demonstrierenden blieb mit etwa 500 Personen niedriger als erwartet – trotz zusätzlicher Mobilisierung der Jugendorganisation der FPÖ „Freiheitliche Jugend“, die besonders zahlreich vertreten war.

Bereits Stunden vor Veranstaltungsbeginn waren in der Wiener Innenstadt Rechtsextreme mit Knüppelfahnen unterwegs. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Auftakt-Kundgebung fand am Helmut-Zilk-Platz statt. Dort steht Alfred Hrdlickas „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“, das u.a. eine Skulptur des „straßenwaschenden Juden“ umfasst, welches antisemitische Gewalt symbolisiert. Das Denkmal wurde von Teilnehmer:innen der Kundgebung als Sitzangelegenheit oder Ablage missbraucht.

Ein Ordner der „Identitären“ lief mit einer Rolle Klebeband durch die Startkundgebung und forderte Personen auf, u.a. auf Basis des Verbotsgesetzes verbotene Symbole und Erkennungszeichen auf Körper oder Kleidung abzukleben, etwa ein T-Shirt der Neonaziband „Erschiessungskommando“ und eine Odalrune. Mehrere Teilnehmer*innen trugen – teils offen, teils abgeklebt – Tattoos von NS-Symbolen und neonazistischen Codes, u.a. Wehrmachtssoldaten, Tyr-, Elhaz- und Odalrunen oder eine schwarze Sonne. Ein Teilnehmer trug ein Tattoo der Fahne des Neonaziforums „Iron March“ im Nacken.

Unter den Teilnehmer*innen waren u.a „Identitäre“ aus div. Ländern, sowie Funktionär*innen der Jugendorganisation der AfD „Junge Alternative“. Aus der Schweiz beteiligte sich Nicolas Rimoldi, der Kopf der Gruppe „Mass-Voll“, welcher in Zürich für den Nationalrat kandidiert. Besonders stark war auch die Beteiligung organisierter Neonazis etwa der „Jungen Tat“ (CH), „Tanzbrigade“ (AT), „Werra Elbflorenz“ (DE) sowie mindestens jeweils einer Person aus dem Umfeld der Partei „der III. Weg“ (DE) und der „Hammerskins“. Auch mindestens ein Mitglied der rechtsterroristischen Gruppe „Sächsische Separatisten“ nahm an der Veranstaltung teil.

Die gesamte Veranstaltung wurde von rechtsextremen Medienprojekten wie dem „Filmkunstkollektiv“ und „SGB Media“ dokumentiert. Auch die russische Nachrichtenagentur „Ruptly“ filmte die Kundgebung und führte Interviews mit Rechtsextremen.

Nach wenigen Metern wurde die Demonstration am Josefsplatz von einer antifaschistischen Sitzblockade aufgehalten, schlussendlich musste sie durch einen Durchgang umgeleitet werden. Teilnehmer*innen der aufgestoppten rechtsextremen Demo pöbelten – zeitweise ungehindert – Journalist*innen und Passant*innen an.

Vor dem Tor des Palais Harrach kam es zu Angriffen von Rechtsextremen auf Polizist*innen, als diese versuchten, Antifaschist*innen am Betreten der Freyung zu hindern. Auch mindestens ein Ordner der „Identitären“ griff Polizist*innen an.

In Redebeiträgen sprachen die Rechtsextremen in Anlehnung an Johanna Mikl-Leitner und Karl Nehammer von sich als die „normale Mehrheit“. Silvio Hemmelmayr, Obmann der „Freiheitlichen Jugend“ OÖ, beschwor in seiner Rede einen „vollzogenen Schulterschluss“, welcher der Anfang „von etwas ganz Großem“ sei.

Journalistische Berichterstattung wurde einmal mehr von mit Regenschirmen bewaffneten Ordnern erschwert. Dies geschah oft unter den Augen der Polizei. FPÖ-Generalsekretär Hafenecker setzte im Nachhinein in einer Presseaussendung Journalist*innen mit Aktivist*innen gleich.

Nach Auflösung der rechtsextremen Kundgebung kam es, ausgehend von einer Gruppe Rechtsextremer, auf der Wipplingerstraße zu einer Auseinandersetzung mit einer antifaschistischen Spontandemonstration.