Sofia: Neonazistischer Lukov-Marsch (22.02.2020)

Am 22.02.2020 fand in Bulgariens Hauptstadt Sofia eine Kundgebung in Gedenken an den NS-Kollaborateur Hristo Lukov statt. Anders als ursprünglich geplant, durften die Organisatoren der neonazistischen und paramilitärisch organisierten „Bulgarischen Nationalen Vereinigung – Edelweiß“ (BNU) nur eine Kundgebung vor dem Haus, in dem Lukov erschossen wurde, abhalten. Seit 2003 findet in Sofia dieses NS-verherrlichende Gedenken statt. Bisher konnten die Neonazis Jahr für Jahr in Form eines Fackelmarsches zu Tausenden durch die Straßen der bulgarischen Hauptstadt ziehen. Aufgrund von Ermittlungen gegen die BNU und wegen zunehmendem öffentlichen Druck, wurde der Marsch verboten. Mit einem großen Polizeiaufgebot und Wasserwerfern sicherte die Polizei den ursprünglichen Auftaktort des „Lukov-Marsches“ ab und verunmöglichte dort spontane Versammlungen von Neonazis.

Der sogenannte „Lukov-Marsch“ stellte bis 2019 eine der wichtigsten Neonaziveranstaltungen dar, an der zahlreiche Gruppen und Organisationen aus ganz Europa teilnahmen. Aufgrund des Verbotes besuchten nur etwa 250 Neonazis die Kundgebung. Die internationale Ausrichtung und der Vernetzungscharakter war trotz geringer Teilnehmer_innenzahlen gegeben. Zahlreiche Organisationen aus ganz Europa beteiligten sich und machten einen beträchtlichen Teil der Veranstaltung aus. Die „Bulgarische Nationale Vereinigung – Edelweiß“ ist Teil des am 20. April 2019 gegründeten internationalen Neonazi-Bündnisses „Fortress Europe“. Teil dieses Netzwerks sind auch „Die Rechte“ (Deutschland), „Les Nationalistes“ (Frankreich), „Legio Hungaria“ (Ungarn), „Narodni a socialni fronta“ (Tschechien) und die „Szturm I Assault“ (Polen).

Hier eine (unvollständige) Liste der teilnehmenden Gruppen und Organisationen:

  • Bulgarien:
    • Bulgarische Nationale Vereinigung – Edelweiss (BNU)
    • White Front Bulgaria
  • Ungarn:
    • Legio Hungaria
    • Magyar önvedelmi Mozgalom
  • Deutschland:
    • Die Rechte
  • Skandinavien:
    • Nordic Resistance Movement
  • Frankreich:
    • Les Nationalistes
    • Pride France
  • Rumänien:
    • Nationalism Onoare Identitate (NOI)
  • USA:
    • Rise Above Movement

Die großen Abwesenden waren zweifelsohne die zahlreichen bulgarischen Hooligan- und Ultras-Gruppen die sich in den vergangenen Jahren an den Märschen beteiligten. Wohl aufgrund der geringen Attraktivität einer Standkundgebung für aktions-orientierte Neonazi-Fußballfans, erschienen diese nicht, bzw. nur in sehr geringer Zahl. Das obwohl am 15.02.2020 beim Derby zwischen CSKA und Levski Sofia Fans beider Mannschaften mit Spruchbändern zum „Lukov-Marsch“ mobilisierten. Auch das gleichzeitig zur Kundgebung stattfindende Match zwischen CSKA Sofia und Botev Plovdiv trug zu dieser Situation bei.


Hintergründe

Dass sich erst die Stadtregierung und schließlich auch die Polizei für ein Verbot des Lukov-Marsches als Demonstration aussprachen, dürfte auch mit den Vorkommnissen bei einer Vorbesprechung im Vorfeld zusammenhängen: Am 27. Jänner hat sich das Mitglied der BNU Emil Krumov im Gebäude der staatlichen Agentur für Nationale Sicherheit mit einer selbst gebauten Schusswaffe erschossen. In seiner Wohnung wurde neben einem Hitler-Portrait ein Arsenal an Lang- und Faustfeuerwaffen, Munition, Granaten und NS-Devotionalien gefunden.

Mehr Informationen sind unter sofiaglobe.com sowie antifa-bulgaria.org zu finden.

Seit 10. Februar 2020 wird gegen die BNU-Edelweiß ermittelt, im Versuch ihnen den Status als NGO abzusprechen.
Am 15.02 fand in Sofia das Männer-Fußball-Derby zwischen Levski Sofia und ZSKA Sofia statt. Fans beider Mannschaften rollten Spruchbände aus in denen sie sich positiv auf den Lukov-Marsch bezogen.

Mehr Informationen sind unter www.sportal.bg, ultras-tifo.net und jungle.world zu finden.